Was ist Fair Trade?

Den meisten ist beim Wocheneinkauf schon mal das bekannte Fairtrade-Siegel auf Schokolade, Kaffee oder Tee aufgefallen. Doch wofür steht Fair Trade eigentlich? Der „gerechte Handel“ sorgt dafür, dass Kleinbauernfamilien oder Beschäftigte auf Plantagen in Entwicklungs- und Schwellenländern unter menschenwürdigen Arbeitsbedingungen arbeiten und faire Löhne erhalten. Zudem gibt es weitere Maßnahmen, mit denen ein sozialer Handel unter ökonomischen Gesichtspunkten sichergestellt wird. Wir erklären dir, woher Fairtrade kommt, wie das Fair Trade System funktioniert und wie die Standards kontrolliert werden.

Wie entstand Fair Trade?

Die ersten Fair-Trade-Organisationen stammen aus dem kirchlichen Umfeld. Den Anfang machte 1946 die von nordamerikanischen Mennoniten und brethren in Christ gegründete „Ten Thousand Village“, drei Jahre später folgte das Projekt SERRV International. Es ging hierbei vorwiegend beispielsweise um Handwerksprodukte aus Jute oder Stickereien. Allerdings stand hier noch nicht der Welthandel sondern eher Wohltätigkeitsprojekte im Vordergrund. Der erste Fair-Trade-Shop entstand 1958 ebenfalls in den USA.

Der Faire Handel kommt nach Europa

Die Europäer beschäftigten sich mit fairem Handel erst in den 60ern. Dabei kritisierten meist Studenten die internationalen Konzerne, dass sie Traditionen beeinträchtigen würden. Der Faire Handel wurde zum Zeichen gegen Neoimperialismus. Es entstand das Ideal von Fairtrade: der Preis eines Produkts soll mit den tatsächlichen Kosten direkt verknüpft sein. So hätten alle Hersteller Anspruch auf fairen und gleichen Zugang zu den Märkten. Die United Nations Conference on Trade and Development (UNCTAD) übernahm 1968 den Slogan „Trade not aid“. So wollte man den Fokus auf die Fairhandelsbeziehungen mit Entwicklungsländern legen.

1959 gründete sich die erste sogenannte alternative Handelsorganisation „Steun voor Onderontwikkelde Streken“ in den Niederlanden. Sie importiere Handelsprodukte aus ärmeren Ländern. 1967 begann sie den Handel mit Dritte Welt-Ländern. Von den Niederlanden aus entwickelten sich europaweit erste „Weltläden“. Diese waren sehr erfolgreich, allerdings verkauften sie weiterhin größtenteils Handwerk. Erst 1973 verkaufte ein Laden in den Niederlanden erstmals fair gehandelten Kaffee. Es folgte noch im selben Jahr der Verkauf in Deutschland.

Arbeiterin auf Tee-Plantage
© tracingtea – Adobe Stock

Einige Länder wurden aus politischen Gründen vom Welthandel isoliert. In den 60er und 70er Jahren fanden viele Freiwillige der Fairtrade-Bewegung zahlreiche Produkte, die sie in Weltläden, Kirchen, zu Hause oder auf öffentlichen Plätzen verkauften.

Neue Fair Trade Produkte verbreiten sich

Jeder Hype lässt früher oder später nach. So auch der um Fair Trade. Fairgehandelte Produkte waren nicht mehr „neu“. Der Großteil an Handwerk sorgte für einen altmodischen Ruf, die Verkaufszahlen gingen zurück. So mussten sich die Unterstützerinnen und Unterstützer ein neues, innovatives Geschäftsmodell überlegen.

Der schwindende Markt der Handwerksprodukte wurde mit Waren aus der Landwirtschaft ersetzt. Zu den ersten Produkten aus diesem Bereich gehörten neben fairgehandeltem Kaffee und Tee auch Reis, Gewürze, Nüsse, Trockenfrüchte, Kakao und Zucker. 1983 gab es insgesamt etwa 2500 Aktionsgruppen, zwei Jahre später bereits circa 350 Weltläden. Bereits 1986 hatte Deutschland ungefähr 400 Weltläden und 4000 Aktionsgruppen.

Die Entstehung der Fairtrade-Siegel

Einen richtigen Aufschwang erhielt der Wirtschaftszweig mit der Entwicklung von Fair-Trade-Siegeln. Bisher verkauften meist die kleineren Weltläden in Europa und Nordamerika die Fair Trade Produkte. Doch gingen die meisten Menschen eher weniger in diesen Geschäften einkaufen. Um die Verkaufsmöglichkeiten zu erhöhen, mussten die Initiativen die fair gehandelten Waren auch in großen Kaufhäusern verkaufen. Die größte Herausforderung lag allerdings im nötigen Vertrauen der Kundinnen und Kunden in die Herkunft der teureren Produkte.

Die niederländische Organisation „Solidaridad“ führte 1988 mit „Max Havelaar“ das erste unabhängige Zertifikat ein. So verbreitete sich der faire Handel auch bei einem breiteren Spektrum und die Verkaufszahlen steigerten sich deutlich. „Max Havelaar“ verwendeten größtenteils Länder wie Belgien, der Schweiz, Dänemark und Frankreich. In Deutschland, Österreich und Italien zeichneten die Organisationen fair gehandelte Produkte mit dem TransFair-Siegel aus. Am 12. Juni 1992 gründete sich die Organisation TransFair International. Sie war Träger des europäischen Fair-Trade-Siegels und setzte sich aus TransFair Deutschland und der EFTA zusammen. Bereits 1994 hatte TransFair 22 Mitgliedsorganisationen. Neben Kaffee und Tee etablierte sich nun auch der Import von Schokolade, Kakao und Zucker mit dem TransFair-Siegel.

Fair Trade in anderen Bereichen

Der Begriff des fairen Handels erstreckte sich auf immer mehr Bereiche. 1997 startete eine Kampagne, mit der thailändische Näherinnen fair bezahlt werden sollte. Es entwickelten sich Initiativen für Faire Kleidung. Im Oktober 1997 gab es erstmals eine Kooperation von GEPA und dem Otto-Versand.

Mittlerweile erhält Fair Trade auch großen Zuspruch aus der Bevölkerung, großen Konzernen und der Politik. Dazu gehören zum Beispiel die Europäische Kommission, die Vereinten Nationen und die Weltbank. Im Laufe der vergangenen 15 Jahre  entwickelten sich auch Organisationen, die das „Fair-Prinzip“ auch in den Bereichen Tourismus oder Technik durchsetzen möchten.

Quelle: Fairtrade Deutschland (YouTube) – „Das Fairtrade-System“

Das Fairtrade System

Die Dachorganisation „Fairtrade International“ setzt sich heute aus 22 Mitgliedern zusammen. Davon sind 19 nationale Fairtrade-Organisationen und drei Produzenten-Netzwerke. Die Generalversammlung trifft sich jährlich. Sie entscheidet über Angelegenheiten der Mitglieder, ernennt Vorstandsmitglieder und verabschiedet den Jahresabschluss. Der Vorstand beschließt Strategien und verabschiedet die Fairtrade-Mindestpreise, -Prämien und Standards. Doch wie genau arbeiten diese? Und wie funktioniert das Fairtrade System?

Wie funktioniert Fair Trade?

Mit dem internationalen Fair Trade System möchte Fairtrade International faire Handelspraktiken fördern und Produzenten stärken. Deshalb bindet sie auch alle Akteure entlang der Lieferkette mit ein. Für einen gerechten Handel stehen somit nicht nur nachhaltiger Anbau sondern auch Handel, Politik und die End-Konsumentinnen und -Konsumenten im Vordergrund.

Wie wir bereits wissen, entwickelt Fairtrade International die Strategie und die Standards. Die Produzentennetzwerke vertreten, beraten und unterstützen die rund 1,6 Millionen Kleinbauern und Arbeiter in Asien, Afrika und Lateinamerika. Die nationalen Fairtrade-Organisationen wiederum kümmern sich um den Dialog mit der Zivilgesellschaft, haben eine beratende Funktion und vergeben das Fairtrade-Siegel. damit die Kleinbauern am Markt gestärkt auftreten, sind sie zu Kooperationen zusammengeschlossen.

Die Fairtrade Standards stellen Anforderungen an die Organisation und den Anbau. Aber auch die Akteure entlang der Lieferketten (Hersteller, Produzenten und Ex- sowie Importeure werden regelmäßig durch FLOCERT kontrolliert und zertifiziert. So können die Standards für den Handel durchgesetzt werden. In der folgenden Infografik von Fairtrade Deutschland wird das Fair Trade System noch einmal grafisch dargestellt.

Infografik: Das Fair Trade System
© Fairtrade Deutschland

Überblick: Welche Fair Trade Siegel gibt es?

Woran erkennt man fair gehandelte Produkte? Wenn du einkaufen gehst, hast du sicher schon das ein oder andere Fairtrade-Siegel gesehen. Mit anerkannten Zertifikaten sind Waren gekennzeichnet, die fair gehandelt sind. Doch nicht immer ist ein Produkt „fair“, obwohl es drauf steht. Wir stellen dir hier die wichtigsten Siegel für fairen Handel vor. So kannst du ganz einfach erkennen, ob dein Einkauf fair gehandelt ist – auch, wenn du ihn nicht in einem Weltladen gekauft hast.

Die verschiedenen Fair Trade Siegel

WFTO Logo

World Fair Trade Organization: Die internationale Dachorganisation „World fair Trade Organization“ (WFTO) hat ein eigenes Label. Mit diesem können Unternehmen sich und ihre Produkte kennzeichnen, wenn die gesamten Unternehmenstätigkeiten den WFTO-Standards entsprechen. Diese Waren sind vor allem in Weltläden anzutreffen.

Das Fairtrade Siegel: Das bekannteste Siegel für fairen Handel ist das Fairtrade-Logo. Es zertifiziert Produkte, bei deren Herstellung nachweislich alle Standards von Fairtrade International (FLO) eingehalten wurden. In Deutschland vergibt TransFair e.V. das Siegel. Dieses gilt jedoch nur für das Produkt, nicht für dessen Firma. Das Fairtrade Siegel ist kein Bio-Siegel. Allerdings stammen laut TransFair e.V. etwa 65 Prozent der Waren aus biologischem Anbau. Das Zertifikat findest du häufig auf Blumen, Lebensmitteln oder auch Kleidung.

GEPA fair+: Die Anforderungen an das Siegel vom Unternehmen GEPA ist deutlich strenger. Deshalb ist es nicht so häufig vertreten wir das bereits genannte. Das Logo „fair+“ zeichnet Produkte aus, die noch „gerechtere“ Kriterien haben, beispielsweise zusätzliche Länderzuschläge für Kaffeebauern oder die Beratung bei der Umstellung auf nachhaltigen Anbau.

Die Rainforest Alliance: Genau wie UTZ (häufig in Discountern anzutreffen) gilt Rainforest Alliance als Alternative. Hierbei stehen aber Nachhaltigkeit und eine Verbesserung der Produktion im Vordergrund. Allerdings wird das Siegel kritisiert, da es keine Mindestpreise zahlt und eher die Erwerbssituation der Produzenten verbessert.

Naturland Fair: Dieses Siegel steht für den Naturland-Bio-Anbauverband. Dieser setzt auf ökologischen Landbau und überprüft daneben auch nach Kriterien des fairen Handels. Naturland Fair hat seine Richtlinien gemeinsam mit den Fair-Handelsorganisationen GEPA, dwp und BanaFair entwickelt. Sie stehen im Einklang mit den FLO-Standards. Daneben fördert Naturland den ökologischen Anbau.

Fair Trade Standards

Je nach Organisation unterscheiden sich die Standards für fairen Handel. Die Fairtrade Labelling Organisations International (FLO) vergibt die Siegel. Diese sind an verschiedene Anforderungen geknüpft. Bei der Entwicklung der Kriterien sind alle wichtigen Akteure eingebunden. Neben der FLO gehören auch Produzenten, Händler und nationale Siegel-Initiativen dazu. Die Zertifizierungsstelle FLO-CERT kontrolliert die Einhaltung der Standards zu fairem Handel durch Lizenznehmer, Händler und Produzenten. Besonders wichtig sind die Standards von Fairtrade International und der WFTO. Beide stellen wir Ihnen an dieser Stelle genauer vor.

Die Fairtrade-Standards

In Deutschland kommen die bekanntesten Standards für den fairen Handel von Fairtrade. Diese lassen sich in soziale, ökonomische und ökologische Standards unterteilen. Alle Unternehmen, Kleinbauernorganisationen und Plantagen entlang der gesamten Wertschöpfungskette müssen diese Anforderungen einhalten. Die Standards sollen eine nachhaltige Verbesserung der Lebensbedingungen in Entwicklungs- und Schwellenländern gewährleisten. Die Kriterien beruhen auf der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte und vielen internationalen Abkommen. Sie sind verbindliche Verpflichtungen. Dafür können Fairtrade-zertifizierte Produzentenorganisationen oder Händler ihre Produkte mit dem Fairtrade-Siegel verkaufen.

Was steht in den Fairtrade Standards?

Um die Zertifizierung zu erhalten, müssen die Produzenten alle Kriterien erfüllen. Diese bestehen aus den Kernanforderungen und den Entwicklungs-Indikatoren. Letztere sind weitreichender. Mit den Entwicklungsindikatoren sollen die Organisation und die Arbeitsbedingungen der Produzenten verbessert werden. Zudem müssen die Unternehmen langfristige Maßnahmen zum Umweltschutz umsetzen. Die Standards lassen sich in soziale, ökonomische und ökologische Anforderungen unterteilen.

Fair Trade Produkte
© Visions AD – Adobe Stock

Soziale Fairtrade-Standards

Hierzu zählen die verbesserten Lebensbedingungen der Kleinbauern-Familien. Die Kleinbauern müssen sich zu Organisationen zusammenschließen, damit sie Ihre Produkte am Weltmarkt verkaufen können. Sie dürfen demokratisch an allen Entscheidungen der Organisation teilnehmen. Mit besseren Bedingungen für Arbeiterinnen und Arbeiter beschäftigen sich zum Beispiel folgende Kriterien:

  • Verbot von Diskriminierung
  •  Verbot von Kinder- und Zwangsarbeit
  • Förderung gewerkschaftlicher Organisation auf Plantagen
  • Geregelte Arbeitsbedingungen
  • Möglichkeiten zur Weiterbildung
  • Gewährleistung der Sicherheit am Arbeitsplatz und Gesundheitsvorsorge
  • Verwaltung der Fairtrade-Prämie

Ökonomische Fairtrade-Standards

Bei den ökonomischen Kriterien sind die Mindestpreise und/oder die Fairtrade-Prämien, die die Produzenten bekommen, festgeschrieben. Mit der Prämie verbessert Fairtrade die Lebenssituation der Arbeiterinnen und Arbeiter, da die Organisation sie in Gesundheit, Bildung, Umwelt, Ökonomie und anderes investiert. Die Menschen entscheiden selbst, wofür sie die Prämie verwenden. Zusammengefasst versteht Fairtrade unter den ökonomischen Standards beispielsweise:

  • die Bezahlung eines Mindestpreises und der Fairtrade-Prämie
  • transparente Handelsbeziehungen, zum Beispiel durch den Nachweis über Waren- und Geldfluss
  • Vorfinanzierung der Ernte, falls dies von Bauern und Bäuerinnen gewünscht ist

Ökologische Fairtrade-Standards

Bei der Herstellung müssen die Arbeiterinnen und Arbeiter sowie Kleinbauernorganisationen bestimmte Anforderungen an den Umweltschutz einhalten. Dazu gehören zum Beispiel:

  • Umweltschonender Anbau
  • Abfallmanagement
  • Förderung von biologischen Produkten: ein Bio-Anbau ist nicht in den Standards festgeschrieben, allerdings werden diese Waren durch den Bio-Aufschlag extra gefördert
  • Schutz der natürlichen Ressourcen (z.B. Wasser)
  • Einhaltung von Sicherheitsvorkehrungen und Arbeitsschutzmaßnahmen
  • Verbot von gentechnisch verändertem Saatgut
  • Verbot gefährlicher Pestizide

Was sind WFTO-Standards?

Die internationale Dachorganisation für fairen Handel ist die WFTO. Dieses globale Netzwerk setzt sich als einiges aus Mitgliedern entlang der gesamten Fair-Trade-Wertschöpfungskette zusammen. Mitglieder sind Handelsfirmen, Produzentenorganisationen und Dachverbände von Weltläden. Die WFTO hat ein Monitoring-System, das „WFTO Garantie-System“. Dieses beruht auf den 10 Fair-Trade-Standards der Organisation. Zudem bewacht es deren Einhaltung. Die WFTO Standards für fairen Handel beziehen sich auf das Verhalten der gesamten Fair-Trade-Organisation, nicht nur auf ein Produkt wie Fairtrade International.

Die 10 Prinzipien der WFTO für fairen Handel sind:

  1. Chancen für wirtschaftlich benachteiligte Produzentinnen und Produzenten
  2. Transparenz und Verantwortlichkeit
  3. Faire Handelspraktiken
  4. Zahlung eines fairen Preises
  5. Verbot von ausbeuterischer Kinderarbeit und Zwangsarbeit
  6. Nicht-Diskriminierung, Gleichberechtigung der Geschlechter und Vereinigungsfreiheit
  7. Sicherstellung guter Arbeitsbedingungen
  8. „Capacity Building“/Weiterbildung
  9. Förderung des fairen Handels
  10. Schutz der Umwelt
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